Wenn UNO-Generalsekretär Anònio Guterres zur Eröffnung des Klimagipfels mit seinem Zitat «Die Menschheit hat das Tor zur Hölle aufgestossen.» drastische Worte wählt, dann zu Recht: Die Chancen, den Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens nachzukommen, schwinden rapide. Während die Menschheit verzweifelt versucht, Ressourcen zu schonen, einzusparen, zu entsorgen und dank Recycling Sekundärrohstoffe in den Produktions-Kreislauf zurück zu bringen, tauchen alte Probleme in Deponien auf, die es in sich haben: Weil sie für Mensch, Tier und Natur hochgefährlich sind. Da geht es nicht nur um den mittlerweile bekannten Asbest, der geschätzt in jedem Bau vor 1990 als Isolationsmaterial verwendet wurde und für viele Berufsleute tödlich endete. Es tauchen Rückstände von Sonderabfällen auf, an deren Konsequenzen vor 30, 40 Jahren niemand gedacht hat – nicht dran denken konnte, weil unbekannter Müll vergraben wurde. Da dümpeln also Giftstoffe jahrelang in der Erde vor sich hin und verschmutzen Grundwasser – und nun wird abgetragen wie in Kölliken, Bonfol und Solothurn.
«Aus den Augen aus dem Sinn» gilt auch dann, und sei es noch schlimmer aus Geiz geschehen, wenn ein Lösungsmittel im Karton versteckt wird. Sonderabfälle kosten einen Extra-Transport, sie brauchen eine Extra-Fahrbewilligung und eine Extra-Behandlung bei uns im Recyclingprozess. Ein falsch entsorgter Nitroverdünner erhöht nicht nur die Brandgefahr in unseren Betrieben, er bringt unsere Mitarbeiter in hohe Gefahr, weil sie dem Materialfluss vertrauen müssten, sei dies beispielsweise beim Sortieren von Karton, wo sich viel Fremdmaterial drin verstecken kann. Die Mehraufwände für Betriebsschutz und Arbeitssicherheit tragen wir selber, weil wir nicht immer darauf vertrauen können, ob die Anlieferungen dem Recyclingmaterial entsprechen, das uns angegeben wird. In jedem Fall geht die Gesundheit der Mitarbeitenden vor, also zählen wir auf das korrekte Entsorgen von Sondermüll – und dazu gehören radioaktive Stoffe, Asbest und die hochgiftigen Industrie-Rückstände wie per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), polychlorierte Biphenyle (PCB) und Pentachlorphenol (PCP). Das sind thermisch, biologisch und chemisch nicht abbaubare Stoffe, die früher beispielsweise in Feuerlöschern, in der Uhrenindustrie, als Transformer-Öl, auf dem Bau und für wetterfeste Kleidung verwendet wurden und heute verboten sind – und leider in stillgelegten Deponien lagern.
Bevor ein Lastwagen seine Ware bei uns kippt, kontrolliert er sie gegen Radioaktivität – auch danach, wenn die Ware gekippt ist, wird nochmals nach radiologischen Stoffen gesucht. Das Kontrollgerät, ein Portal zum Durchfahren, ist eine enorme Investition für uns. Genauso sind es die regelmässigen Schulungen und Instruktionen, um den Sicherheitsanforderungen gerecht zu bleiben. Die Sensibilisierung ist sehr hoch bei uns im Betrieb, und sie sollte es genauso bei der Bevölkerung sein: Ein Fläschchen Radonpulver in Opa’s Keller ist tödlich, wenn es geöffnet und eingeatmet wird. Obwohl Radon schon zu Zeiten von Charlie Chaplin giftig war, es wurde für Radon-Kuren propagiert. https://de.wikipedia.org/wiki/Radonbalneologie
Einzelne Fehlwürfe beim Entsorgen können immer passieren, doch oha lätz: wenn eine spezialisierte Recyclingfirma jeden Tag eine Tonne Batterien in seinem Materialfluss findet, wo keine drin sein sollten, ist dringender Erklärungsbedarf angesagt. Stellt euch vor, wir müssten soweit gehen, dass ihr wie im Flughafen identifiziert werdet, um sicherzustellen, dass ihr keine Batterien in den Kaffeekapseln unterjubelt.
Ein gewisses Mass an Gift-Rückständen und Nanopartikeln mögen wir wohl alle vertragen, sonst wären wir nicht mehr da. Und zu viel Schweizer Fisch sei auch nicht geraten: In jedem untersuchten Exemplar wurden PFAS-Rückstände gefunden. https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/tests/ewige-chemikalien-schaedliche-pfas-chemikalien-in-frisch-gefangenem-fisch
Hoffnungsschimmer gibt es ein paar, weil die Forschungsarbeiten auf Hochtouren laufen, um Lösungen und Ideen für den Ersatz von Sondermüll zu finden. Eine Tatsache bleibt: Das ganze Rad muss bei den Produkteherstellern anfangen zu drehen und darf nicht erst im Recycling ins Rollen kommen, wenn die Menschheit nicht mehr weiss, wie sie ihren selber verursachten Müll entsorgen soll – sie merkt ja erst 30, 40 Jahre später, wie zerstörerisch dieser ist.
Ein paar Beispiele aus der aktuellen Szene:
Forschung für neue Möglichkeiten von Durchflussbatterien:
Plastik mit Strom auflösen: